Kino: Babel

„Babel“
gesehen am 23.2.07 im Cinemaxx Magdeburg


Die Menschen haben die Menschlichkeit verlernt.

Ein amerikanisches Ehepaar reist in die Wüste Marokkos, um wieder zu sich zu finden. Ihr mexikanisches Kindermädchen opfert sich auf für Mike und Debbie, gibt ihnen die Nähe, die ihre suchenden Eltern nicht geben können, weil sie selbst nicht wissen, was Intimität bedeutet - und wird schlussendlich des Landes verwiesen.

Ein gehörloses Mädchen auf der Suche nach Geborgenheit bietet in einer japanischen Großstadt, dem Inbegriff von Anonymität, ihren jugendlichen Körper an, und wird wieder und wieder abgewiesen. Und dennoch springt sie nicht vom Balkon der Wohnung im 32. Stock sondern klammert sich wie eine Ertrinkende an ihren Vater, der auch nicht weiss, wie er mit seiner pubertierenden Tochter umgehen soll. Aber er gibt ihr Halt. Immerhin.

Der berührendste Moment im Film: Der entfremdete amerikanische Ehemann reicht seiner Frau eine Tonschüssel als Bettpfanne und in der stützenden Umarmung finden beide endlich die lang ersehnte Nähe.

Die Menschen haben die Menschlichkeit verlernt.

Eigentlich sprechen wir alle die gleiche Sprache, die der Zuneigung und Wärme und Hilfsbereitschaft.

Doch so oft verstecken sich die Menschen hinter ihren modernen Flachbildschirmen (so wie der Grenzbeamte, der dem illegalen Kindermädchen erklärt, sie habe kein Recht nach dem Wohlbehalten „ihrer“ Kinder zu fragen - sie, die diesen Kindern Wärme und Liebe geschenkt hat!) und diplomatischen Debatten, hinter lauter Musik, grellem Licht und immer schneller wechselnden Konsumgütern, hinter Reisen im klimatisierten Reisebus in die entlegensten Winkel des Planeten, den sie zu beherrschen glauben mit ihrer Überlegenheit.

Auf der Flucht vor dem, was sie am meisten ersehnen.

Und als Amelia, das Kindermädchen, in flirrender Hitze in der Wüste herumirrt (die Wüste ist überall gleich lebensfeindlich, ob Marokko oder Mexiko) wird dem Kinobesucher klar, wie zerbrechlich unsere virtuelle Traumwelt aus Glas und Edelstahl ist und dass das Einzige, was uns retten kann, die Menschlichkeit ist.

Doch beim Verlassen des Kinosaales ist die Welt noch genauso kalt und anonym wie vorher, wie im grell beleuchteten Tokio, und die Nichtigkeiten nehmen überhand.

Keine Kommentare: